Israel als Modell für diskriminierende Anti-Migrationspolitik

31.05.2019

Categories: Andere, BDS-Argumente, Militärembargo, Palästinensische Flüchtlinge

In diesem Hintergrundpapier werden Fakten und weitere Informationen über die Rolle Israels in der europäischen Anti-Migrationspolitik dargelegt. Damit wird die Bedeutung der gemeinsamen Forderung nach einer Welt ohne Mauern (#WorldWithoutWalls) unterstrichen, die am 15. Mai 2019, dem palästinensischen Nakba-Tag, von 73 Netzwerken und Bewegungen veröffentlicht wurde, die sich für die Rechte des palästinensischen Volkes und die Rechte von Migrant*innen in ganz Europa einsetzen.

 

Auch wenn das Konzept der Festung Europa bereits im Schengener Abkommen von 1985 enthalten wer, hat sich die Anti-Migrationspolitik der Europäischen Union (EU) und ihrer Mitgliedstaaten in den letzten Jahren dramatisch verschärft. Viele Aspekte dieser Politik sind direkt von der israelischen Politik beeinflusst und/oder nutzen israelische Technologien für ihre Umsetzung.

Seit 2002, als Israel mit dem Bau seiner Apartheid-Mauer im besetzten Westjordanland begann und dafür weltweit verurteilt wurde, sind solche Mauern im israelischen Stil zu einem Modell für den «Grenzschutz» geworden. Mauern sind zum Zeichen unserer Zeit geworden.

Heute, 30 Jahre nach dem Fall der Berliner Mauer, haben die Staaten im Schengen-Raum Mauern mit einer Gesamtlänge von fast 1000 km errichtet. Dies entspricht mehr als dem Sechsfachen der Länge der Berliner Mauer. Zusätzlich zu diesen physischen Schranken baut die EU immer mehr «virtuelle Mauern», bestehend aus Überwachungstechnologien zu Lande oder zu Wasser.

Die Bemühungen der EU, den Zugang aus dem Mittelmeerraum zu kontrollieren und abzuriegeln, beinhalten 68 Millionen Dollar, die für die Bereitstellung des Patrouillensystem Hermes 900 an Elbit Systems gezahlt wurden. Das System basiert auf der höchstentwickelten Drohne des Unternehmens. Elbit Systems ist Israels grösstes privates Militärunternehmen, ein Hauptauftragnehmer für die israelische Apartheidmauer. Die Hermes-900-Drohnen wurden dem israelischen Militär zur Verfügung gestellt, das sie nach dem militärischen Angriff 2014 auf Gaza, bei dem 2.250 Palästinenser*innen, darunter mehr als 500 Kinder, getötet wurden, als «phänomenal» und «eine echte Bereicherung» lobte. Frontex hat für 4,75 Millionen Euro Drohnen von Israel Aircraft Industries (IAI) für tägliche «Sicherheits- und Küstenschutzmissionen» bestellt. Das EU-Projekt «Safeshore» arbeitet mit der israelischen Polizei zusammen, um «aus dem Meer auftauchende Menschen» aufzuspüren.

Die EU externalisiert ihre Grenzen durch Abkommen mit anderen Staaten, um das Leid der Geflüchteten ausser Sichtweite zu halten. Wenn Migrant*innen es schaffen, die europäischen Küsten und Territorien zu erreichen, werden sie täglich mit Kriminalisierung, Rassismus, Diskriminierung und Islamophobie konfrontiert. Vor allem undokumentierte Migrant*innen sind sehr stark von der täglichen Realität der Ausgrenzung, Massenangriffen und Deportationen betroffen. Der Ständige Volksgerichtshof für die Menschenrechte von Migrant*innen und Geflüchteten ist zum Schluss gekommen, dass «die Einwanderungs- und Asylpolitik und -praxis der EU und ihrer Mitgliedstaaten eine völlige Verleugnung der Grundrechte von Menschen und Migranten darstellt und wahre Verbrechen gegen die Menschlichkeit sind: Auch wenn sie nach allgemein vereinbarten strafrechtlichen Definitionen nicht auf einzelne Täter*innen als Personen zurückzuführen sind, müssen sie als ‘Systemkriminalität’ anerkannt werden».

Diese repressive und entmenschlichende Politik führt zu einem Diskurs über Migration als Sicherheitsproblem in der europäischen Gesellschaft. Zusammen mit der Abrieglung der europäischen Grenzen entsteht eine Vision, in der Migrant*innen oder all jene, die nicht in die künstliche Konstruktion eines kulturell und/oder ethnisch homogenen Europas passen, als «Sicherheitsrisiken» oder «Bedrohungen» betrachtet werden. Solche Konzepte von Vorherrschaft und Exklusivität bilden den Kern des israelischen Apartheidregimes. Sie treibt Rassismus und Militarisierung direkt voran und mündet schliesslich in der aktuellen Entwicklung, alle diejenigen zu kriminalisieren, die für die Rechte von Migrant*innen einstehen.

Während Israel nicht-jüdischen Migrant*innen und Flüchtlingen die Zuflucht verweigert und weiterhin Palästinenser*innen enteignet, versucht der israelische Staat, diese laufenden Verbrechen durch humanitäre Hilfe für Migrant*innen ausserhalb Israels zu verschleiern. IsraAID, eine israelische Organisation, die vom israelischen Aussenministerium unterstützt wird, leistet seit 2015 Hilfe für Migrant*innen in Griechenland, vor allem auf der Insel Lesbos, dem wichtigsten Übergang von der Türkei in die EU. In Lesbos werden Migrant*innen seit 2016 in einem Freiheitluftgefängnis festgehalten und vor einer Weiterreise nach Kontinentaleuropa gehindert. Die in Griechenland tätigen staatlich geförderten israelischen Organisationen löschen die Identität von palästinensischen Geflüchteten und tragen in vielen Fällen zur Normalisierung der Inhaftierung von Migrant*innen in Freiheitsgefängnissen wie auf Lesbos bei.

Finanzierung der israelischen Apartheid

Die EU wird ihr Budget für die Militarisierung der Grenze bis 2020 auf über 31,3 Milliarden Euro vervierfachen. Sie erhöht die Mittel für das Frontex-Programm unter anderem für den Aufbau einer stehenden Armee mit 10.000 Mitgliedern, die sich gegen Migrant*innen richtet. Darüber hinaus sollen von den 11,3 Mrd. Euro für die «Migrationskontrolle» 40% für die Durchführung von Abschiebungen verwendet werden.

Mit dem steigenden Budget für die Abschottung Europas mit Hilfe von Anti-Migrationsmassnahmen wird wiederum die israelische Militärindustrie unterstützen. Das israelische Verteidigungsministerium hat im vergangenen Jahr erklärt, dass Europa ein «bedeutendes Ziel für Rüstungstransaktionen ist, vor allem im Bereich der Grenzabwehr». Israel ist bereits heute der siebtgrösste Rüstungs- und Militärexporteur der Welt. Nur dank des weltweiten Absatzes von Technologien und Methoden, die täglich an Palästinenser*innen getestet werden, der israelische Staat seine Politik der Apartheid, Besatzung und des Kolonialismus gegen die palästinensische Bevölkerung fortsetzen.

 

Quelle: stopthewall.org

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