Offener Brief an den Bundesrat: Drohende Zerstörung des palästinensischen Dorfes Susiya

21.07.2015

Categories: Andere

Sehr geehrte Frau Bundespräsidentin Sommaruga
Sehr geehrter Herr Vize-Bundespräsident Schneider-Ammann
Sehr geehrter Herr Bundesrat Burkhalter

BDS Schweiz ist zutiefst besorgt über die unmittelbar drohende Zerstörung des palästinensischen Dorfes Susiya im Westjordanland.

Das Oberste Gericht Israels hat die israelische Zivilbehörde in den besetzten palästinensischen Gebieten am 4. Mai 2015 autorisiert, das Dorf Khirbet Susiya zu zerstören und damit die BewohnerInnen von ihrem Land zu vertreiben. Dies, obwohl derzeit eine von der israelischen Organisation Rabbis for Human Rights unterstützte Berufung gegen den gerichtlichen Entscheid, den von den BewohnerInnen vorgelegten Bebauungsplan für das Dorf abzulehnen, hängig ist. Der voreilige Entscheid durch das Gericht, ohne auf die vorgebrachte Berufung einzugehen, verletzt gängige Gerichtspraxis und ist eine politische Entscheidung.

Der Abriss des Dorfes wird durch das Oberste Gericht mit einer Verletzung der Zonenplanung, die keine Bauten in diesem Gebiet vorsieht, begründet. In diesem Kontext muss jedoch darauf hingewiesen werden, dass es der palästinensischen Bevölkerung im Westjordanland unter der diskriminierenden Politik Israels praktisch unmöglich ist, eine Baugenehmigung zu erlangen, und ihnen das Recht verwehrt wird, in irgendeiner Form am Planungsprozess teilzunehmen und den Bau von Dörfern mitzugestalten.

Der vorliegende Abbruchbefehl für die Häuser in Susiya kann jederzeit durch die israelischen Behörden ausgeführt werden, was eine humanitäre Krise zur Folge hätte. Die 340 BewohnerInnen würden von einem Tag auf den anderen obdachlos und verlören ihre Lebensgrundlagen. Sie wären gezwungen, ihr Land zu verlassen. Mit diesem Vorgehen bringen die israelischen Behörden weiteres Land unter ihre vollständige Kontrolle und vertreiben die palästinensische Bevölkerung aus den durch Israel verwalteten C-Gebieten des besetzen Westjordanlands. Auch wenn diese Gebiete nicht offiziell durch Israel annektiert werden, kommt diese Politik der Enteignung und der Vertreibung einer faktischen Annektion gleich.

Die Vierte Genfer Konvention verpflichtet Israel als Besatzungsmacht im Westjordanland, das Gebiet zum Wohl der Zivilbevölkerung zu verwalten. Zwangsumsiedlungen ohne triftige – militärische oder sicherheitspolitische - Gründe sind nach Artikel 49 verboten. Das Büro für die Koordination humanitärer Angelegenheiten der UNO (United Nations Office for the Coordination of Humanitarian Affairs; OCHA) kritisiert das explizite Vorhaben der israelischen Behörden, die Bevölkerung Susiyas zu transferieren, und betont, dass auch die lang-anhaltenden Einschränkung des Zugangs zur Grundversorgung und zur landwirtschaftlichen Nutzung des Landes und der gewaltsame Druck durch israelische SiedlerInnen in Susiya einen Zustand schaffen, der die palästinensische Bevölkerung zur Umsiedlung zwingt.2

BDS Schweiz bittet Sie als Bundespräsidentin/Vize-Bundespräsidenten/Mitglied des Bundesrats und Vorsteher des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten, alle Ihnen zur Verfügung stehenden Mittel zu nutzen, die Verletzung der Grundrechte der BewohnerInnen Susyias durch Israel zum Ausdruck zu bringen. Der Schweiz als Depositärstaat der Vierten Genfer Konvention kommt die Pflicht zu, darauf hinzuweisen, dass durch das Vorgehen der israelischen Behörden in Susiya die Rechte der zu schützenden Bevölkerung unter Besatzung massiv verletzt werden.

Wir hoffen, dass Sie unsere Anliegen unterstützen, und warten gerne auf Ihre Antwort.

Mit freundlichen Grüssen,

BDS Schweiz

 

Hier finden Sie den offenen Brief als PDF-Datei.

Zurück

© BDS Schweiz