Die „IHRA Arbeitsdefinition von Antisemitismus“

01.02.2018

Categories: Angriffe gegen BDS, BDS-Argumente

Informationen und Empfehlungen der Europäischen Koordination der Komitees und Vereine für Palästina (ECCP) und von Free Speech on Israel

Im Mai 2016 hat das Plenum der IHRA die folgende nicht rechtsverbindliche Arbeitsdefinition von Antisemitismus angenommen:

„Antisemitismus ist eine bestimmte Wahrnehmung von Juden, die sich als Hass gegenüber Juden ausdrücken kann. Der Antisemitismus richtet sich in Wort oder Tat gegen jüdische oder nicht-jüdische Einzelpersonen und/oder deren Eigentum, sowie gegen jüdische Gemeindeinstitutionen oder religiöse Einrichtungen.“ (Übersetzung BMI 20.09.2017)

Der obige Schritt wurde in einer IHRA-Pressemitteilung angekündigt, in der die Definition selber durch einen Rahmen hervorgehoben ist. Beigefügt ist eine Liste von Beispielen, die laut dem Ständigen Büro der IHRA „als Veranschaulichung dienen können, um so die Arbeit der IHRA anzuleiten und zu illustrieren, wie sich Antisemitismus manifestieren könnte“. Zu diesen Beispielen zählen auch gewisse Formen der Kritik am Staat Israel. Die Beispiele sind nicht Teil der offiziellen IHRA-Arbeitsdefinition.

Diese sogenannte „IHRA-Arbeitsdefinition Antisemitismus“ ist tatsächlich eine überarbeitete Version der „Arbeitsdefinition Antisemitismus“, die 2005 von der Europäischen Stelle zur Beobachtung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit (EUMC) veröffentlicht wurde, aber von ihrer Nachfolgeorganisation, der Agentur der EU für Grundrechte (FRA) fallen gelassen wurde, nachdem das Dokument zuvor heftig kritisiert worden war. Die Kritik konzentrierte sich auf die in dem Dokument versuchte Verschmelzung von Kritik an Israel mit Antisemitismus und der damit verbundenen Gefahr für die freie Meinungsäußerung.

Nichts ausser dieser Kurzdefinition von Antisemitismus wurde von den IHRA-Mitgliedstaaten 2016 bei ihrem Treffen in Bukarest formal angenommen. Dies wurde am 12. September 2017 vom Ständigen Büro der IHRA in Berlin bestätigt:

[…] Das Plenum der Internationalen Allianz für Holocaustgedenken (IHRA) hat am 26. Mai 2016 unter rumänischem Vorsitz die Arbeitsdefinition von Antisemitismus angenommen. Die Arbeitsdefinition ist wie alle IHRA-Entscheidungen nicht rechtsverbindlich. Die Arbeitsdefinition ist der umrahmte Text…

Daraus folgt, dass andere Teile der Pressemitteilung vom Plenum der Mitgliedstaaten nicht formal genehmigt wurden. Dennoch wird die IHRA-Pressemitteilung, die auf der IHRA-Website veröffentlicht ist, weithin als „IHRA-Arbeitsdefinition von Antisemitismus “ propagiert, und dies mit einer Zielsetzung, die unvereinbar ist mit dem Anliegen, tatsächlichem Antisemitismus entgegenzutreten.

Unsere Empfehlungen an Regierungen, politische Parteien, Stadträte, öffentliche und private Institutionen und alle offiziellen Stellen:

1. die Tatsache anzuerkennen, dass die IHRA-Pressemitteilung von 2016 nicht die IHRA-Arbeitsdefinition von Antisemitismus ist und von keiner Organisation angenommen werden sollte, weil dieses Dokument

– nie von den IHRA-Mitgliedstaaten formal angenommen wurde (nur der kurzen, aus zwei Sätzen bestehenden Definition wurde zugestimmt)

– propagiert wird, um in Europa Kritik am Staat Israel für seine illegale Siedlungspolitik und die Verletzung der fundamentalen Menschenrechte der Palästinenser_innen zu unterdrücken

– eine Gefahr darstellt sowohl für die Meinungsfreiheit und als auch für die Bekämpfung von tatsächlichem Antisemitismus in Europa

2. von der IHRA eine Antwort auf folgende Fragen zu fordern

a.) warum die IHRA nicht klargestellt hat, was genau in Bukarest als Definition angenommen wurde, obwohl sie sich der Verwirrung und der Debatte, die durch die irreführende Sprache der Pressemitteilung hervorgerufen wurde, bewusst geworden sein muss;

b.) warum die IHRA schwieg und sogar eine Erklärung abgab, in der sie die Entscheidung der britischen Regierung begrüsste, den Text der Pressemitteilung anzunehmen, einschließlich der irreführenden Beispiele, die sie selbst nicht angenommen hatte.

3. Klarstellung durch die Europäische Kommission hinsichtlich der Unterstützung der IHRA-Pressemitteilung von 2016 als der „rechtlich nicht bindenden Arbeitsdefinition von Antisemitismus“ der IHRA auf ihrer Internetseite.

Wir empfehlen den uns angeschlossenen Organisationen:

1. Kontakt aufzunehmen mit den Vertreter_innen der FRA, um zu klären, welche Schritte unternommen werden sollten, damit sichergestellt ist, dass die EU (einschliesslich ihrer Organe und Institutionen) die sogenannte „“IHRA-Definition von Antisemitismus“ nicht propagiert/annimmt, da sie sowohl ein Risiko für die Meinungsfreiheit und für den Kampf gegen Antisemitismus in Europa darstellt als auch für sämtliche internationalen Verpflichtungen der EU im Zusammenhang mit Israel und den Palästinenser_innen.

2. dringend alle Repräsentant_innen (Abgeordnete, Europaabgeordnete, Verantwortliche in Stadträten usw.), aufzufordern, die obigen Empfehlungen umzusetzen (1-3)

 

ECCP (European Coordination of Committees and Associations for Palestine) ist ein Netzwerk von 42 europäischen Komitees, Organisationen, NGOs, Gewerkschaften und internationalen Solidaritätsbewegungen aus 19 europäischen Ländern, die sich dem Kampf der Palästinenser_innen für Freiheit, Gerechtigkeit und Gleichheit widmen.

Free Speech on Israel ist eine von Juden und Jüdinnen geführte britische Organisation, die gegründet wurde, um Antisemitismusvorwürfen entgegenzutreten, welche auf die Unterdrückung legitimer Kritik an Israel abzielen.

 

Übersetzung: bds-kampagne.de
Original: The “IHRA Working Definition of Antisemitism”

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