Legitimer Protest – Plädoyer für einen kulturellen und akademischen Boykott Israels

06.04.2018

Categories: Akademischer Boykott, Kultureller Boykott

Besprechung des Buchs von Eyal Sivan und Armelle Laborie

Legitimer Protest – Plädoyer für einen kulturellen und akademischen Boykott Israels

Aus dem Französischen von Birgit Althaler
ISBN 978-3-85371-436-2
184 Seiten, Fr. 21.-

 

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Der kulturelle und akademische Boykott Israels ist der wohl am meisten angefeindete und missverstandene oder falsch dargestellte Teil der BDS-Kampagne. Gleichzeitig ist er, wie die Erfahrungen der Antiapartheidbewegung zeigen, neben dem Boykott im Bereich des Sports und dem Konsumboykott ein sehr wirkungsvolles Instrument des Widerstands gegen Unterdrückung mit dem Ziel, einen vollständigen Regimewechsel herbeizuführen.
Oft wird eingewendet, kulturelle und wissenschaftliche Freiheiten seien über jedes politische Kalkül erhaben und dürften nie Ziel von Boykotten sein. Was aber, wenn Kultur gerade dafür instrumentalisiert wird, von staatlichen Verbrechen abzulenken? Was aber, wenn Wissenschaft und Hochschulen zutiefst involviert sind in den staatlichen Repressions- und Militärapparat, der einem Teil der Bevölkerung aufgrund seiner ethnisch-nationalen Zugehörigkeit politische und soziale Rechte abspricht. Was aber, wenn im Namen kultureller und akademischer Freiheiten einer Seite die massive Einschränkung derselben Rechte auf der anderen Seite gerechtfertigt oder kaschiert wird?

In ihrem lesenswerten und engagierten Plädoyer für den akademischen und kulturellen Boykott gehen der in Israel geborene Filmemacher Eyal Sivan und die französische Produzentin Armelle Laborie auf die verschiedenen Facetten des akademischen und kulturellen Boykotts ein. Diesem haben sich in den letzten eineinhalb Jahrzehnten immer mehr Kulturschaffende und AkademikerInnen in aller Welt angeschlossen.

Eyal Sivan und Armelle Laborie analysieren die Verflochtenheit der israelischen Hochschulen, Kultur- und Forschungseinrichtungen mit dem Militär und anderen staatlichen Institutionen, die zur Aufrechterhaltung der systematischen Unterdrückung und Diskriminierung der PalästinenserInnen beitragen oder sich durch deren stillschweigende Duldung mitschuldig machen. Dabei sparen sie auch nicht mit Kritik an den im westlichen Ausland oft hochgelobten „offiziellen DissidentInnen“, die vom Aussen- und vom Kultusministerium vorgeschoben und vermarktet werden, um das Bild von Israel als liberaler, fortschrittlicher Demokratie zu vermitteln. Sie befassen sich mit den unter dem Slogan von Rebranding stehenden staatlichen Strategien zur Aufwertung des Images Israels gegenüber dem westlichen Ausland. Gleichzeitig beschreiben sie den mit dieser „Charmeoffensive“ verbundenen zweiten Teil der offiziellen Regierungspolitik, nämlich die Bekämpfung der weltweiten Boykottbewegung durch eine aggressive Kampagne der Delegitimierung und Kriminalisierung. Dem inflationären Vorwurf des „Antisemitismus“ halten die AutorInnen entgegen, dass sich der Protest gegen Israel als universaler Protest gegen Apartheid und Rassismus versteht, völkerrechtliche Grundsätze respektiert und das Recht auf akademische und kulturelle Freiheit hochhält.

Im Anhang des Buches finden sich erstmals auf Deutsch versammelt die von der Palästinensischen Kampagne für den akademischen und kulturellen Boykott von Israel (PACBI) aufgrund jahrelanger Erfahrungen zusammengestellten Leitlinien, die detailliert die Kriterien für diese Kampagne erläutern. Ein zentraler Aspekt, der nicht genug betont werden kann, ist dabei, dass es sich um einen institutionellen Boykott handelt, der sich nie gegen individuelle Kulturschaffende oder WissenschaftlerInnen an sich aufgrund ihrer ethnischen, religiösen, nationalen oder sonstigen Zugehörigkeit oder ihrer politischen Überzeugungen richtet. Gerade hier wird die Kampagne – ob bewusst oder aus Ungenauigkeit – in den Medien oft falsch dargestellt.

Für alle, die sich auf dem Gebiet des akademischen und kulturellen Boykotts engagieren oder – angesichts des harzigen Klimas an Hochschulen und in Kultureinrichtungen im deutschsprachigen Raum – auch nur theoretisch mit den Grundsätzen dieser Kampagne und dieser Form des politischen Widerstands auseinandersetzen möchten, ein unverzichtbares Buch.

 

Eyal Sivan, geboren 1964 in Haifa, ist ein israelischer Filmemacher und Regisseur. Zu seinen bekanntesten Werken zählen „Route 181, Fragmente einer Riese in Palästina/Israel“ (in Zusammenarbeit mit Michel Khleifi, 2003) und Jaffa, The Orange’s Clockwork, 2009) (siehe www.momento-films.com und für die deutschsprachigen Filmversionen www.mecfilm.de).

Armelle Laborie, französische Staatsbürgerin, ist langjährige Produzentin von Dokumentarfilmen, neben Eyal Sivan und Rony Brauman Mitbegründerin von Momento!, das politische Dokumentarfilme produziert, die sich insbesondere mit dem Verhältnis von Geschichte und Erinnerung befasst.

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